Annäherungen an Jesus (Lukas 3,1-14)
Gottesdienst am 11.12.2016 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
manchem mag es in der Kirche gehen wie der Frau, die einen Glaubenskurs besuchte und danach sagte: „Bisher, wenn ich in die Kirche gegangen bin, hatte ich immer das Gefühl, da geht es um den zweiten Teil eines Films, den ersten habe ich nie gesehen.“ Der Glaubenskurs gab ihr endlich den Einblick in den ersten Filmteil. Sie wurde in den Gottesdiensten, die sie bis dahin besucht hatte, immer als Christin angeredet, so verstand sie sich ja auch. Sie war getauft und konfirmiert. In den Gottesdiensten hatte sie gehört, wie sie sich als Christin zu verhalten hatte, wie sie in Liebe mit ihren Nächsten leben sollte, was sie besser nicht tun sollte.

Ist Christsein aber ein Sich-richtig-Verhalten? Geht es uns hier um eine perfekte Lebensführung mit möglichst wenig Ausrutschern? Könnten wir dann nicht auch Anhänger einer anderen religiösen oder philosophischen Richtung sein, die sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzt?

Versetzen wir uns zurück in die Zeit des ersten Advents vor Jesu Geburt. Eine große religiöse Spannung herrschte in der Bevölkerung Israels. Man erwartete einen Retter, den Gott schickte, um Israel von den Römern zu befreien, wieder Gerechtigkeit bei den Menschen herbeizuführen und sie mit Gott in Verbindung zu bringen. Der erste Teil des Films begann mit einem Vorspann.

Lukas 3,1-2

Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene, als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste.

Johannes der Täufer beginnt sein Wirken in einer konkreten Zeit am konkreten Ort. Durch die genauen Angaben werden wir über die geopolitische Lage der damaligen Zeit in Kenntnis gesetzt. Nun wird in die Wüste hineingezoomt und der Scheinwerfer auf einen einzelnen Mann gerichtet, Johannes.  Er wird von Gott gerufen, sein Sprachrohr zu sein und seinen Willen den Menschen zu verkünden. Damit wird Gottes Rettungsplan für die Welt eingeläutet.

Lukas 3,3-9

Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Worte des Propheten Jesaja (Jesaja 40,3-5): "Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden, und alles Fleisch wird das Heil Gottes sehen." Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Otterngezücht, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet. Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.

Johannes legte den Menschen, die zu ihm in die Wüste pilgerten, nahe, ihr Leben zu ändern und umzukehren. Sie sollten sich auf die kommende Heilszeit vorbereiten. Dazu gehörte, ihre Herzen zu reinigen und aufzuräumen, dass das Neue Platz fand. Genauso wie wir unsere Häuser vor Weihnachten putzen und die Flächen abwischen, auf denen die Weihnachtsdekoration stehen wird. Niemand würde auf einer dreckige Platte eine Weihnachtskrippe aufbauen. 

Was war verkehrt in den Herzen der Menschen? Sie haben sich in falscher Sicherheit gewiegt. Sie sind davon ausgegangen, dass ihre Abstammung von Abraham sie schützte und sie tun und lassen konnten, was sie wollten. So etwa, wie wenn der Ordnungspolizist im Ort der beste Freund ist und deshalb ein Auge zudrückt, wenn man die Parkscheibe vergessen hat.
Johannes nahm den Leuten diese Illusion. Vitamin B schützte sie nicht vor Gottes Gericht. Aufräumen war angesagt, das Alte sollte mit der Taufe im Jordan abgewaschen werden, sodass ein neues Kapitel im Lebensbuch dieser Leute geschrieben werden konnte. Diese radikale Umkehr habe ich gerade in unserem Garten erlebt. Da hatte sich in einem Buchsbaum der Buchsbaum-Zünsler breit gemacht. Die Triebe starben ab, und erfahrene Leute rieten, den Buchsbaum rauszureißen, er hätte keine Chance mehr gehabt. Es tat mir in der Seele weh, als der Spaten angesetzt wurde, und unser liebevoll gepflegtes Bäumchen im Mülleimer verschwand. Ein großes Loch klaffte im Boden. Es wurde gefüllt mit einer neuen Hortensie, die wahrscheinlich mehr Freude machen wird. Hätten wir den Buchsbaum nicht herausgerissen und uns mit der sterbenden Pflanze abgefunden, wäre kein Neuanfang möglich gewesen.

Was im Garten noch relativ einfach gelingt, ist in unserem persönlichen Leben so viel schwerer. Natürlich sind da Dinge, von denen wir sagen können, die sollten eigentlich raus aus unserem Lebenshaus, das sind Altlasten, unvergebene Schuld, Groll, der uns nachhängt, Beziehungsschwierigkeiten, die nie geklärt wurden. Aber haben wir den Mut, sie aus dem Keller der Versenkung zu holen und uns von ihnen zu trennen? Haben wir die Erwartung, dass etwas Wundervolles stattdessen in unser Lebenshaus einzieht, das wir so nie erwartet hätten? Dass selbst die Kellerräume vom Licht Gottes durchflutet werden? Dass Gott uns wirklich helfen kann?

Lukas 3,10-14

Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir nun tun? Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer Speise hat, tue ebenso. Es kamen aber auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist! Da fragten ihn auch Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt noch Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!

Drei Beispiele werden uns hier geschildert. Die Leute, Zöllner und Soldaten werden von Johannes aufgefordert zu teilen, korrekt zu sein und dem Frieden zu dienen.

Diese Aufgaben verteilte Johannes als Vorbereitung auf Jesus, sie sind nicht zu verwechseln mit dem Glauben an Jesus.
Als unsere Kinder klein waren, verbrachten wir viele Nachmittage im Schwimmbad. Dabei beobachtete ich auch wieder fasziniert den nebenan stattfindenden Schwimmkurs. Die Kinder machten dort in den ersten Schwimmstunden nur Trockenübungen am Beckenrand. Sie lernten die Schwimmbewegungen mit den Armen und Beinen. Es dauerte, bis sie ins Wasser gingen. Aber dann lernten sie das Schwimmen mit der richtigen Technik blitzschnell. Das Wasser trug sie, und die Bewegungen liefen schon automatisch. Bald war das Seepferdchen zu schaffen.

So einen Trockenkurs am Beckenrand verordnete Johannes diesen unterschiedlichen Menschen, die zu ihm kamen. Er setzte damit das Prohetenwort um: „Bahnt einen Weg unserm Gott.“ Durch ihr verändertes Verhalten wurden sie auf Gottes Kommen eingestimmt, sie lernten, von sich selbst wegzusehen, wurden aufmerksamer für die um sie herum. Lernten schon bevor Jesus gekommen war, wie er sich ihren Lebenswandel vorstellte.

Aber mit Jesus zu leben ist mehr als eine Trockenübung am Rand des Beckens. Denn bei der Trockenübung stießen die Leute, Zöllner und Soldaten bald schon wieder an ihre Grenzen. Sie wollten niemand übervorteilen und freuten sich doch, wenn ihnen ein guter Deal gelungen war. Sie wollten niemand Gewalt antun, aber wenn es sie überkam, haben sie doch die Türen geknallt und rumgeschrien. Sie wollten teilen, aber so, dass doch in ihrer Hälfte des Berliners die Marmelade war. 
So wurde bald klar, dass eine Johannestaufe nicht einmal im Leben reichte. Es sammelten sich bald wieder Dinge im Keller an, die da nicht hingehörten. Eigentlich wäre es am besten gewesen, sein Haus gleich in Jordannähe zu bauen, so war der Gang zu Johannes kurz.

Jesus dagegen bringt einen Neubeginn. Er schenkt uns die Standleitung zu Gott, ermöglicht uns, an Gottes Geist angeschlossen zu werden. Er erwartet nicht, dass wir aus eigener Kraft ein korrektes Leben schaffen, denn er sieht unsere begrenzten Möglichkeiten und unsere innere Zerrissenheit. Er will in und durch uns wirken, unser Potential freilegen. Er kann das nur, wenn wir ihn lassen. Wenn wir die Infusion seiner Liebe in unser Herz fließen lassen und sie nicht abklemmen. Wenn wir uns dem Wasser anvertrauen und nicht am Beckenrand stehenbleiben.

Wie kann das gehen? Es beginnt morgens mit der ersten Frage des Tages: 

  • Jesus, was willst du heute mit mir machen? Zeige mir, wo du mich haben willst. Gib mir Kraft für die Aufgaben. Gib mir deine Ruhe, um zu lassen, was nicht meine Sache ist. 
  • In der Mitte des Tages ist ein neues Rückbesinnen wichtig. Herr, hilf mir, dass ich den Tag bestehe, und gib mir Mut zu handeln und zu warten.
  • Am Abend des Tages können wir danken für sein Mitgehen und Mitleben. Wir können abgeben, was misslang, und vertrauen, dass der neue Tag neue Chancen hat. Und manche schreiben ihre offenen Punkte auf, legen sie in ihr Gebetbuch oder ihre Bibel und warten darauf, dass Jesus ihnen Antwort geben wird – wann immer.
Dieser Teil 1 des Films ist wichtig. Christ zu sein ist keine moralische Angelegenheit, um möglichst vorbildlich zu leben. Als Christ leben wir mit Jesus in einer Lebensgemeinschaft, aus der durch seine Kraft gute Dinge wachsen.

Die Adventszeit ist ein Probewohnen in der Lebensgemeinschaft mit Jesus. Dabei können wir entdecken, wie schön es ist, das eigene Ich ein bisschen hintenan zu stellen. Wie viel Erfüllung es bringt, uns für unsere Mitmenschen einzusetzen. Wir werden auch die Grenzen schmerzlich spüren und haben vielleicht die Sehnsucht, dass es schwereloser geht und wir uns einfach auf das Du einlassen könnten ohne Angst und Zögern. So werden wir bereit, den Heiland einzuladen, der uns diese Schwerelosigkeit schenken will, weil er uns vergibt, seinen Geist schenkt und unser Liebeskonto auffüllt.

Johannes der Täufer hatte großen Zulauf. Die Menschen wollten Hilfe und diese Zeichenhandlung, dass alles Falsche von ihnen abgewaschen wurde. Unsere Mitmenschen und vielleicht auch wir sind in diesen Tagen auch sensibler für Gott. Wir verbinden Weihnachten mit Liebe, spüren aber auch die Risse in unserem Leben und in unseren Familien besonders deutlich. Wir sind es, die Jesus einlädt, am Weihnachtsfest neu zu ihm zu kommen und den ersten Teil des Films hautnah zu erleben.

Cornelia Trick


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