Gottesdienst am 4.10.2015
in Brombach
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
„Danke für alles“,
diese Aussage fällt uns heute vielleicht leicht. Wir schauen auf den
Erntedanktisch, denken über das nach, was uns Gott im vergangenen
Jahr geschenkt hat, und stimmen ein in das Gotteslob. Doch der eine oder
die andere wird sich fragen: „Danken, wirklich für alles?“ Wie mag
ein Flüchtling Erntedank feiern. Er musste Äcker, Weckgläser
und Gefriertruhe zurücklassen, ist ausgebombt, hat nur noch seine
Kleider auf dem Leib retten können. Wie mag eine Trauernde Erntedank
feiern? Das Liebste wurde ihr genommen, dafür wird sie heute nicht
danken. Wie mag jemand in einer Erschöpfungssituation danken, wo er
im Moment keine Perspektive hat? Wie mag jemand danken, der bis zum Hals
in Schulden steckt? Für das Erntedankopfer hat er nichts übrig.
Das Erntedankfest hat wohl
noch einen Aspekt, der grundlegender ist, als Erfolge zu feiern und Gott
dafür zu danken. Jesus gebrauchte dafür ein Bildwort.
Johannes 15,1-8
»Ich bin der wahre Weinstock,
und mein Vater ist der Weinbauer. Er entfernt jede Rebe an mir, die keine
Frucht bringt; aber die fruchttragenden Reben reinigt er, damit sie noch
mehr Frucht bringen. Ihr seid schon rein geworden durch das Wort, das ich
euch verkündet habe. Bleibt mit mir vereint, dann werde auch ich mit
euch vereint bleiben. Nur wenn ihr mit mir vereint bleibt, könnt ihr
Frucht bringen, genauso wie eine Rebe nur Frucht bringen kann, wenn sie
am Weinstock bleibt. Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben. Wer
mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, bringt reiche Frucht. Denn
ohne mich könnt ihr nichts ausrichten. Wer nicht mit mir vereint bleibt,
wird wie eine abgeschnittene Rebe fortgeworfen und vertrocknet. Solche
Reben werden gesammelt und ins Feuer geworfen, wo sie verbrennen. Wenn
ihr mit mir vereint bleibt und meine Worte in euch lebendig sind, könnt
ihr den Vater um alles bitten, was ihr wollt, und ihr werdet es bekommen.
Die Herrlichkeit meines Vaters wird ja dadurch sichtbar, dass ihr reiche
Frucht bringt und euch so als meine Jünger erweist.
Am Anfang steht der Weinbauer.
Er pflanzt, hegt und pflegt den Weinstock. Dieser Weinbauer steht für
Gott, den Vater, der den Überblick über das Weingut hat. Jesus
wird vom Weinstock symbolisiert. Der Weinstock hat solide, tiefe Wurzeln,
er ist nicht so leicht zu erschüttern. Seine Bestimmung ist, Weinreben
wachsen zu lassen. Die Weinreben stehen für Menschen, die an Jesus
glauben, an Jesus hängen. Sie sind vereint in einer Rebe und nicht
vereinzelt am Stock festgewachsen wie etwa die Stachelbeeren.
Der Weinbauer sorgt für
ideale Bedingungen, der Weinstock bringt Früchte hervor, die Früchte
beziehen ihre Nährstoffe vom Weinstock und wachsen und gedeihen. Der
Weinbauer bleibt dran, beschneidet den Weinstock und reinigt ihn. Sein
Ziel ist, dass der Weinstock möglichst viele Früchte hervorbringt.
Die Weinreben haben die
Aufgabe, am Weinstock zu bleiben. Jesus wiederholt das Bleiben in seiner
Rede siebenmal. Offensichtlich gibt es ein Problem, dass die Weintrauben
eher die Tendenz haben zu gehen als zu bleiben.
Diesem siebenfachen Bleiben
will ich mit Ihnen nachspüren.
1. Bleiben - Jesus bleibt
Jesus bleibt. Die Weinrebe
hängt am Weinstock. Zuerst ist der Weinstock dafür verantwortlich,
dass sie wächst. Ein anderes Bild zeigt eine Hand, die sich nach mir
ausstreckt. Sie wirbt darum, dass ich einschlage. Sie bietet an, mich mit
allen meinen Lasten zu tragen. Sei es, dass ich mich selbst nicht mehr
verstehe, dass ich Schuld mit mir herumtrage, dass ich Groll spüre
oder Angst mein Leben einschnürt. Hier kann ich loslassen und mich
dieser Hand anvertrauen.
2. Bleiben - Ja, ich will
In Jesu Hand einzuschlagen
ist ein wie ein Bündnis oder ein Vertragsabschluss per Handschlag.
Ich erfahre, dass Jesus mein Leben trägt und begleitet und kann ihm
weiter vertrauen. Mein Ja ist eine bewusste Entscheidung. Bei manchen ist
sie auf den Tag genau zu datieren, bei anderen wächst sie über
einen längeren Zeitraum bis zu einem klaren Ja. Rituale helfen, diesen
Schritt festzumachen, die Taufe im Erwachsenenalter oder die Aufnahme in
die Kirchengliedschaft sind solche Möglichkeiten.
3. Bleiben - Frühstück
mit Jesus
Nach der Entscheidung
folgt der Alltag. Der ist nun mit Jesus, dem Weinstock, zu gestalten. Nicht
jeder Tag wird ein Erntedankfest sein, es wird auch fruchtlose Zeiten geben,
Dürre oder Winterschlaf. Da hilft es, sich für seine Gegenwart
zu öffnen und mit allen Sinnen auszustrecken. Musik, biblische Texte,
Nachdenken über sie und Gebet können helfen, wieder Kraft zu
bekommen. Wie wir das Frühstück brauchen, um den Arbeitstag gut
durchzustehen, so brauchen wir die Gemeinschaft mit Jesus. Und wie das
Ablegen des Tages am Abend, so ist es nötig, Jesus das zu bringen,
was wir an diesem Tag erlebt haben, das Gute, das Schwierige, das Erfolgreiche
und das Missratene.
In besonders herausfordernden
Zeiten nehme ich Magnesium zu mir, das soll helfen, Stress gut zu verarbeiten.
So ein Mittel können ausgewählte Zusprüche der Bibel sein,
die wir zur Hand haben sollten, wenn extra Energie nötig ist.
4. Bleiben - gemeinsam
Eine Weintraube wächst
immer in Gemeinschaft. Die Traube ist durch die anderen geschützt
und geborgen. So geht es auch uns in Gemeinschaft. Wir brauchen sicher
nicht alle die gleiche Nähe von anderen. Manche Trauben sind eher
am Rand, andere mittendrin. Aber wir brauchen Unterstützung, Austausch,
Korrektur, einen liebevollen Arm und Fürbitte. Wir brauchen das Wort
Christi, das uns ein anderer zuspricht. Dafür ist Gemeinde da. Der
Dank des einen wird zum Dank aller, die Sorge der einen zum Gebetsanliegen
aller.
5. Bleiben - langsam verdorren
Es gibt die Möglichkeit,
am Weinstock zu bleiben, seine Kraft zu erfahren oder zu verdorren, keine
Frucht zu bringen. Dann ist die Verbindungsleitung vom Weinstock zur Traube
unterbrochen. Statt einer durchgezogenen Linie gibt es nur eine gestrichelte
Linie. Da tankt man nicht jeden Morgen Kraft wie bei einem Frühstück,
sondern nur ab und zu. Da betet man nur, wenn es brennt. Da überwuchert
der Alltag die Jesus-Beziehung schleichend. Da sind andere, die mich von
Jesus wegziehen und immer wieder fragen: Was bringt denn der Glaube? Mein
Bild von Gott ist, dass er diese gestrichelte Linie nicht durchtrennt wie
der Weingärtner im Gleichnis. Aber er trauert, dass einer oder eine
nicht mehr von ihm will, dass er oder sie sich damit abfindet, langsam
einzugehen wie eine Topfpflanze, die beim Gießen vergessen wurde.
6. Bleiben - hin zum Nächsten
Wer Frucht bringt, streckt
sich aus zum Nächsten. Weintrauben erfreuen Vögel und Menschen.
Weintrauben sind nicht dafür da, am Weinstock zu bleiben. Sie sind
zum Weiterverwenden bestimmt. So ist Erntedank ein Weitergabe-Fest. Das
Empfangene, für das wir dankbar sind, geben wir weiter. Was geben
wir heute weiter?
7. Bleiben - vergoldet
Die Herrlichkeit Gottes
leuchtet auf, weil seine Kinder austeilen. Jede Weintraube hat einen goldenen
Schimmer vom Vater, wie das auf unserem Altartuch abgebildet ist. Jeder
Händedruck, jedes gute Wort und Werk haben den Glanz vom Vater und
sind Hinweis auf ihn.
Erntedank ist nicht nur
ein Fest der Freude und der vollen Scheunen. Das Dennoch darf auch heute
laut werden. Egal was wir erlebt und erfahren haben, alles, was wir sind
und haben trägt den Glanz unseres himmlischen Vaters, auch das Schwierige
und Leidvolle. Denn wir leben von ihm und seine Kraft durchdringt uns.
Was wir weitergeben, trägt
Stempel und Handschrift der Liebe Gottes. „Bleiben“ bei Jesus, dem Weinstock,
ist Schlüsselwort für Erntedankmenschen.
Cornelia
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