Gottesdienst am 06.04.2008
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
während der Blechbläserwoche
in Friolzheim nach Ostern betrachteten wir die nachösterlichen Begegnungsgeschichten
mit Jesus. Der auferstandene Jesus trat ein durch verschlossene Türen
hindurch, um sich seinen Jüngern zu zeigen. Er kam eine Woche später
wieder, um sich dem zweifelnden Thomas zu zeigen. Er sagte zu seinen Jüngern
"Friede sei mit euch!"
und fasste mit wenigen Worten die Osterbotschaft zusammen. Mit Jesu Tod
und Auferstehung ist Gottes Friede in die Welt zurückgekehrt, der
seit dem Sündenfall gebrochen war. Ostern ist das Friedensfest Gottes.
Wir merkten in unseren
Gesprächen während jener Woche aber auch, wie schwer dieser Friede
anzunehmen und in das ganz normale Leben zu übersetzen ist. Trotz
Ostern gibt es weiterhin Eheprobleme, knechten psychische und andere Krankheiten,
nagt das Alter, schmerzt der Tod. Deshalb drängt sich die Anfrage
auf, ob der Osterfriede nur Lippenbekenntnis bleibt oder sich in unserem
Leben verwirklicht.
Der Hebräerbrief thematisiert
diese Anfrage und gibt Hilfe, den nachösterlichen Frieden ins Herz
hineinzulassen.
Die Gemeinden, an die
der Brief adressiert ist, brauchten die Hilfe genauso wie wir heute. Sie
waren enttäuscht, dass Gottes neues Reich auf sich warten ließ,
ihre Hoffnung verblasste, und ihr Glaube ermüdete. Die Gemeindeleute
orientierten sich zunehmend an den Maßstäben ihrer Umwelt und
entfremdeten sich von Gott. So entfaltete der Verfasser den Gemeinden Gottes
Weg mit ihnen und lud sie ein, sich wieder neu dem Gott anzuvertrauen,
der ihnen in Jesus Christus ganz nahe gekommen ist.
So stellt der Hebräerbrief
in den Mittelpunkt, dass Jesus der große Hohepriester ist, der allen
Opferkult des Volkes Israel als vorläufig enttarnt. Jesus hat endgültig
den Vorhang im Tempel zerrissen. Gott
selbst hat sich in seinem Sohn als Opfer dargebracht, um die Menschen zu
entsühnen, ein für allemal. Jesus hat die Menschen aus ihrer
Schuldverflochtenheit erlöst und die Herrschaft des Bösen beendet.
Wer Jesus vertraut, darf bildlich gesprochen im Allerheiligsten des Tempels
mit Gott zusammen sein. So geschieht ein Neuanfang, der umfassenden Frieden
bedeutet.
Am Ende des Hebräerbriefes
gibt der Verfasser eine knappe Zusammenfassung. Er wählt die Form
des Lobpreises. Gottes Liebe zu uns Menschen lässt sich nicht anders
formulieren als in der Gebetssprache. Darin kommt der Dank zum Ausdruck
und die persönliche Betroffenheit.
Das Schlusslied auf Gottes
Größe kann uns heute morgen mit hinein nehmen in das Lob, kann
neues Vertrauen auf Gottes Frieden wecken und neue Kraft schenken, um den
Frieden im eigenen Leben umzusetzen.
Hebräer 13,20-21
Gott ist es, der Frieden bringt.
Er hat den großen Hirten der Schafe aus dem Reich der Toten heraufgeführt,
Jesus, unseren Herrn, durch dessen Blut er den ewigen Bund in Kraft gesetzt
hat. Er mache euch fähig, all das Gute zu tun, das er haben will;
er schaffe in uns durch Jesus Christus, was ihm gefällt. Ihm gehört
die Ehre für immer und ewig! Amen.
Gott bringt Frieden
Eine kleine Kapelle steht
auf einer Halbinsel im Südwesten Irlands. Dort hatte der heilige Finbar
im 6. Jahrhundert eine kleine Klosteranlage errichtet. Der Ort ist umgeben
vom See Gougane Barra und umringt von den steilen, dicht bewachsenen Shehy
Mountains. Diese
Anlage ist für mich der Inbegriff von Gottes Frieden. Hier hatte Finbar
Gottes Gegenwart so gespürt, dass er sich niederließ und diesem
Gott dienen wollte. Und bis heute ist der Ort vom großen Touristentrubel
verschont worden, obwohl er in jedem Reiseführer zu finden ist. Keine
großartigen Hotels haben sich am Seeufer angelagert, keine riesigen
Parkplätze oder breit ausgebaute Straßen weisen auf die Berühmtheit
der kleinen Insel hin. Stattdessen sind wir kilometerweit über heidebewachsene
Berge gefahren, an Aussiedlerhöfen, die von Kommunen bewohnt wurden,
vorbei, trafen auf liegen gebliebene Autowracks und sind nur ganz vereinzelt
auf Menschen gestoßen.
Dieser Ort mit seiner kleinen
Kapelle lädt ein, sich in den Frieden Gottes hineinzubegeben. Karfreitag
und Ostern sind nicht in drei Tagen abgehandelt, und dann folgt der Alltag.
Sie entfalten ihre Kraft erst in der Stille und Ruhe vor Gott. Das Wasser,
Quelle für den Fluss Lee, ist Sinnbild für die reinigende Kraft
des Karfreitags. Unsere Sünden hat Jesus bis ins äußerste
Meer versenkt. Er ist die Quelle des Lebens und gibt uns, was wir für
die Ewigkeit brauchen. Mit diesem Wasser hat er uns rein gewaschen und
uns das neue Kleid übergezogen. Das neue Kleid ist das Osterkleid.
Wir gehören zum Auferstandenen, auf die andere Uferseite der neuen
Welt. Und die winzig kleine Kapelle ist Sinnbild für den freien Zugang
zum himmlischen Vater, der uns mit Jesus fragt: "Liebst
du mich?" Dass Finbar damals eine Klosteranlage
errichtete, macht aufmerksam, dass Leben mit Jesus auch Lernen heißt.
In seinem Frieden zu leben müssen wir lebenslang lernen und trainieren.
Er wird sich dadurch immer weiter in uns ausbreiten und alle Winkel unseres
Lebens erreichen.
Das Bild von St.Finbar´s
Oratory als Sinnbild für Gottes Frieden lässt uns spüren,
dass dieser Friede nur Gottes Geschenk sein kann, das wir annehmen. Selber
können wir diesen Friedensort nicht schaffen.
Der große Hirte Jesus
Jesus wird im Hebräerbrief
der große Hohepriester genannt, der den Vorhang im Tempel zerrissen
hat. Der Hohepriester Jesus handelt wie ein guter Hirte. Er lässt
sich töten, um seine Herde zu retten, und er kann sich in seine Herde
einfühlen, weil er selbst als Schaf gelebt hatte.
Der große Hirte Jesus
gibt sein Leben für die Schafe, so heißt es in Hebräer
9,15: "Deshalb kommt auch durch Christus der
neue Bund zustande, damit alle, die Gott berufen hat, das zugesagte ewige
Erbe empfangen. Christus ist in den Tod gegangen, um sie von den Folgen
ihres Ungehorsams unter dem ersten Bund zu erlösen."
Jesus geht damit über die normalen Aufgaben eines Hirten hinaus. Er
gewährt nicht nur Schutz, Orientierung, Nahrung und einen sicheren
Weg, sondern wirft sich unter die Wölfe, damit sie seiner Herde nichts
mehr anhaben können. Er will nichts für sich selbst, aber alles
für die Schafe.
Jesus fühlt sich ein.
So heißt es in Hebräer 4,15: "Trotzdem
ist er nicht jemand, der kein Mitgefühl für unsere Schwächen
haben könnte. Er wurde ja genau wie wir auf die Probe gestellt - aber
er blieb ohne Sünde." Jesus kennt unsere
Schwächen, denn er wurde genau wie wir auf die Probe gestellt. Doch
er blieb standhaft, denn die Sünde konnte ihn nicht von Gott weglocken.
In Hebräer 5,7 -8 heißt es: "Als
er noch auf der Erde lebte, hat Jesus sich im Gebet mit Bitten und Flehen
an Gott gewandt, der ihn vom Tod retten konnte; mit lautem Rufen und unter
Tränen hat er seine Not vor ihn gebracht. Weil er treu zu Gott hielt,
ist er schließlich auch erhört worden. Und doch: Obwohl er Gottes
Sohn war, hat er zunächst durch das, was er durchmachen mußte,
Gehorsam gelernt." Jesus hat genauso wie wir
geweint, sich vor dem Tod gefürchtet und gelernt, Gott gehorsam zu
sein. Weil Jesus sich in unsere Lage hineinversetzen kann, wird er niemand
wegstoßen, sondern jeden und jede genau da abholen, wo er oder sie
am schwächsten ist und Hilfe braucht. Er holt ab und führt als
guter Hirte weiter.
Jesus, der große
gute Hirte geht uns nach Ostern nach und lässt uns nicht allein. Er
lädt uns ein, Gottes Frieden in uns aufzunehmen, die kleine Kapelle
aufzusuchen und von ihm Orientierung zu bekommen.
Wir werden zum Guten befähigt
Nach der seelsorglichen Unterredung
in der Kapelle werden wir aufgefordert, den Frieden Gottes in unserem Leben
zum Ausdruck zu bringen. Im Hebräerbrief heißt es, wir werden
befähigt, Gutes zu tun. Das geht ja nur als neue veränderte Menschen.
Denn von Natur aus sind wir nicht gut, auch wenn wir das gerne von uns
behaupten. Die Bibel sagt klar und deutlich, dass der Mensch Böses
in sich trägt von Jugend auf (1.Mose 8,21). Doch nicht nur die Bibel
sagt das. Auch die Beobachtung in unserer Umwelt lässt uns zum gleichen
Schluss kommen. Viel Energie wird dafür verwendet, Menschen zum sozialen
und ehrlichen Umgang miteinander zu motivieren. Danke zu sagen, müssen
wir hart trainieren, doch das Lügen brauchen wir nicht beigebracht
zu bekommen, das beherrschen wir alle instinktiv. Und auch der Blick in
den
Spiegel lässt mich erkennen, dass es mir sehr viel leichter fällt,
die eigenen Vorteile zu suchen, als mich selbstlos für das Wohl des
anderen einzusetzen. Doch Gott krempelt dieses Naturgesetz um. Mit Jesus
sind wir nicht mehr nur böse von Jugend auf, sondern wir werden erfüllt
von Gottes Frieden, der uns Gutes tun lässt. Das neue Osterkleid lässt
uns einwilligen in Gottes Weg und seinen Willen. Das erfordert gewisse
Übung.
-
Die Bibel hilft uns, den Frieden
Gottes in unserem Leben umzusetzen. Eindrücklich hat das ein Teilnehmer
der Bläserfreizeit erzählt, der immer eine kleine Bibel in der
Hosentasche mit sich trägt. Er berichtete von schweren Zeiten in seinem
Leben, in denen er den Halt verlor. Das einzige, was ihn gerettet hat,
so sagte er, war die Bibel. Seitdem liest er sie in jeder freien Minute
und hat sie so verinnerlicht, dass sein Leben dadurch verändert wurde.
-
Wir müssen auf unsere
Gedanken achten. Es macht einen großen Unterschied, ob wir uns zur
Erholung auf die Insel St.Finbar´s zurückziehen oder ein Gewaltvideo
reinziehen. Beides lenkt ab vom Alltag, aber beides hat nicht die gleiche
Wirkung. Während wir auf der Halbinsel zur Ruhe kommen und frische
Luft atmen, wird uns das Gewaltvideo mit einer Menge negativer Gedanken
und Angsthormone überschütten. Warum tun wir uns das an? Warum
nutzen wir unsere freie Zeit nicht für Gedanken, die uns mit Gott
verbinden?
-
Wir müssen unser Leben
konsequent nach Gottes Maßstäben führen. Dazu gehört
nicht allein der sexuelle Bereich, eheliche Treue und verantwortungsvoller
Umgang miteinander. Darunter fallen auch Themen, wie genau wir es mit unserer
Verantwortung für unsere Zeit nehmen, wie wir mit unserem Geld umgehen,
welche Priorität unser geistliches Leben genießt. Wenn wir unseren
Kindern beibringen wollen, dass Leben mit Gott wichtig ist, und selbst
drei Wochen Urlaub ohne Gottesdienst und Bibel machen, werden unsere Kinder
uns alles vorher Gesagte kaum abnehmen. Wenn wir auf die Manager schimpfen,
die Steuern über Liechtenstein hinterziehen, aber selbst mit galantem
Lächeln unsere Steuererklärung frisieren, passt das nicht zu
Gottes Maßstäben.
-
Wir können Gottes Frieden
nicht als Einzelkämpfer leben. Ein einzelner Feuerwehrmann hat bei
einem Großbrand keine Chance. Das Böse in dieser Welt ist weit
gefährlicher als ein Großbrand. Und wie will ich als Einzelne
mich dieser Gewalt entgegenstemmen? Mit vielleicht einem Eimer Wasser alle
Brandherde dieser Erde löschen? Deshalb brauchen wir Gemeinde. Es
geht hier nicht darum, dass wir uns alle super verstehen und jeder jedem
sein ganzes Herz offen legt, sondern dass wir eine gemeinsame Aufgabe haben:
Gottes Frieden in die Welt zu bringen, der die Brände allein löschen
kann. Und das können wir nur gemeinsam, im einmütigen Gebet,
in der gegenseitigen Unterstützung und in der Fürbitte für
die Frontkämpfer.
Der Hebräerbrief wird
mit dem Lobpreis auf Jesus beschlossen. Jesus ist der große gute
Hirte, der seit Ostern in unser Leben getreten ist. Er leitet uns zu dem
Ort, an dem wir Gottes Frieden tanken können. Er redet mit uns in
dieser kleinen Kapelle mitten im See, räumt auf, hat uns lieb und
ermutigt uns für die nächsten Schritte. Er lässt Gutes in
uns wachsen, damit wir kein Thermometer in der Welt sind, sondern ein Thermostat,
das regelnd und gestaltend in unsere Umwelt eingreift.
In diesem Frieden angekommen
können wir bekennen: "Gott gehört
die Ehre für immer und ewig. Amen."
Cornelia
Trick
|