Gottesdienst am 24.06.2012
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
letzten Sonntag wollte
ich mir das Deutschland-Spiel in der EM-Vorrunde im Fernsehen anschauen.
Kurz vorher wurden die Gewinnzahlen der Aktion Mensch gezeigt. Die Gewinne
beeindruckten mich: Geld, Traumhaus, Wirtschaftsgeld oder Sofortrenten
waren im Angebot. Kurz durchzuckte mich der Gedanke, wie es sich wohl anfühlen
würde, jetzt die Glückliche zu sein, die gewonnen hat. Doch gleich
kamen mir die anderen Geschichten ins Gedächtnis, wie Menschen Geld
gewannen und es wieder verloren, wie sie ein Traumhaus bekamen, aber die
Familie zerbrach, für die dieses Haus bestimmt war. Wie Leute Geld
hatten, aber keine Freunde.
Die Suche nach dem Glück
scheint wie eine Fata Morgana in der Wüste zu sein. Sie lockt und
verspricht das größte Glück, Schatten und Wasser im Überfluss,
aber sobald man sie erreicht hat, löst sie sich in Luft auf. Das scheinbar
größte Glück, z.B. ein großer Gewinn, entpuppt sich
bald als größtes Pech.
Glück ist offensichtlich
kein Besitz, den man haben und festhalten kann. Sobald ein solches Glück
in unseren Händen ist, fängt es an, zwischen unseren Fingern
hindurch zu rieseln.
So will ich heute auf ein
anderes Glück schauen, das wir nicht in Euro und Quadratmetern messen
können, sondern das unser Leben glücken lässt, die Basis
dafür ist, dass wir anhaltend glücklich sein können.
Glücklich sein
Wer glücklich ist, der
sitzt bildlich gesprochen auf einem Stuhl mit vier stabilen gleich langen
Stuhlbeinen. Diese Stuhlbeine beleuchte ich jetzt genauer.
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Ich bin geliebt: Egal, was
ich mache oder was ich gerade bin, da ist jemand, der mich liebt und zu
mir steht, ein Freund, eine Partnerin, jemand aus der Familie. Es ist die
erste Elternerfahrung, die uns ein Leben lang begleitet. Wir brauchen Geborgenheit
und ein Nest, das uns Zuflucht bietet.
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Ich bin eingebunden: Beziehungen
sind ein Geschenk und dringend nötig für unser Lebensglück.
Wir sind nicht dazu geschaffen, allein durch die Welt zu gehen. So haben
soziologische Studien ergeben, dass unsere höchste Priorität
ist, uns einer Gruppe anzupassen. Dafür vernachlässigen wir sogar
unsere Überzeugungen. Und wie viele Menschen – auch ohne eigene Familie
- fahren jedes Wochenende viele Kilometer, um von ihrer Arbeitsstätte
„nach Hause“ zu kommen, wo ihre Freunde und ihr gewohntes Umfeld sind.
Die Gemeinschaft mit anderen ermöglicht Stärkung, Austausch,
Lernen, Reflektieren, Ausprobieren und Aufbrechen. Sie ist uns Spiegel
für unser Verhalten und führt dazu, dass wir uns verändern
und aus Sackgassen herauskommen.
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Ich werde gebraucht: Manchmal
träume ich von einem völlig freien faulen Tag, an dem niemand
etwas von mir will. Habe ich im Urlaub einen solchen Tag, wird es mir schnell
langweilig und erfüllt fühle ich mich schon gar nicht. Aufgaben
sind wichtig für das Glücklichsein. Gebraucht zu werden, macht
den Alltag sinnvoll. Probleme zu lösen, fordert heraus, aber gibt
anschließend ein sehr zufriedenes Gefühl. Einen Beitrag zum
großen Ganzen zu leisten, lässt mich mein Eingebundensein in
die Gemeinschaft mit anderen wieder deutlich spüren. Umso unglücklicher
macht es, in einem Büro zu sitzen und die Zeit einfach abzusitzen,
nichts zu tun zu haben, keinen Beitrag leisten zu können, nicht gebraucht
zu werden.
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Ich habe ein Ziel: Ein Ziel
zieht wie ein Magnet an. Ist das Ziel erstrebenswert, hilft es mir über
manche Durststrecken und Wüstenzeiten hinweg. Bei einem Dauerlauf
am Ziel eine Urkunde zu bekommen, mobilisiert viele Reserven, Schritt für
Schritt weiterzulaufen, auch wenn der innere Schweinehund längst aufgegeben
hätte. Was ist das Ziel Ihres Lebens? Was zieht Sie nach vorne, wenn
SIe sich im Alltag verheddern? Welche Überschrift setzen Sie über
Ihren Lauf?
Dennoch glücklich
sein
Ein Stuhl kann in Schieflage
geraten, wenn eines der Beine zu kurz oder sogar abgebrochen ist. Wenn
wir uns ungeliebt fühlen, unsere Beziehungen zerbrochen sind, keine
Aufgaben auf uns warten und das Ziel vernebelt ist, kommt unser Glück
ganz schön ins Rutschen und wir mit.
Der Psalmbeter des 73.
Psalms hat das erlebt. Er sah in seinem Lebensumfeld, dass die, die sich
nicht um Gott kümmerten, gesund, wohlhabend, mächtig waren. Er
selbst war vom Unglück verfolgt, es ging ihm schlecht. An Gott ist
er irre geworden, verbittert und innerlich zerrissen fühlte er sich
wie Vieh, das den Verstand verloren hatte. Der Beter beschrieb in diesem
Psalm seine Erfahrung.
Psalm 73,21-26+28
Als ich verbittert war und
innerlich zerrissen, da hatte ich den Verstand verloren, wie ein Stück
Vieh stand ich vor dir.
Und dennoch gehöre
ich zu dir! Du hast meine Hand ergriffen und hältst mich; du leitest
mich nach deinem Plan und holst mich am Ende in deine Herrlichkeit. Wer
im Himmel könnte mir helfen, wenn nicht du? Was soll ich mir noch
wünschen auf der Erde? Ich habe doch dich! Auch wenn ich Leib und
Leben verliere, du, Gott, hältst mich; du bleibst mir für immer!
Wer sich von dir entfernt, geht zugrunde; wer dir untreu wird, den vernichtest
du.
Ich aber setze mein Vertrauen
auf dich, meinen Herrn; dir nahe zu sein ist mein ganzes Glück. Ich
will weitersagen, was du getan hast.
Gott ist dem Beter begegnet.
Nicht länger redet er von sich und seiner Qual, sondern das Du Gottes
steht nun im Mittelpunkt. Gottes Hand hat ihn aufgefangen. Er ist von seinem
wackelnden Stuhl nicht ins Bodenlose gefallen, Gottes Hand war unter ihm.
Er gewann eine neue Perspektive auf Gottes Handeln in seinem Leben, das
ihm Zukunft eröffnete.
Sein Unglück war damit
noch nicht überwunden. Er ist nicht plötzlich mit Reichtum, einem
Traumhaus oder einer Sofortrente überschüttet worden. Doch mitten
in der Tiefe machte er die Erfahrung, dass er geliebt wurde. Gott hielt
zu ihm. Der ihn ins Leben gerufen hatte, hielt ihn auch weiter fest. Er
war aufs Neue eingebunden. Gott war sein Freund, nicht sein Feind. Durch
ihn fand er neue Freunde, die mit ihm auch im Leid unterwegs blieben. Er
wurde gebraucht. Weitersagen wollte er von Gott, damit auch andere darauf
vertrauten, dass einer sie hielt, wenn der Lebensstuhl nicht mehr stabil
stand. Und der Beter hatte ein neues Ziel gefunden. Geborgen war er in
Gott und gewiss, dass Gott ihn am Ende in seine Herrlichkeit holte.
Dennoch glücklich
zu sein, war dem Beter möglich, weil er erlebt hatte, dass Gott ihn
aufrichtete, auch wenn das eine oder andere Stuhlbein weggebrochen war.
Wir glauben, dass Jesus
Christus, Gottes Sohn, uns bis in den tiefsten Absturz, den Tod, vorausgegangen
ist. Dass er jede unserer Nöte selbst durchlebt hat und deshalb in
der Tiefe immer schon auf uns wartet, um uns aufzufangen. Jesus zu vertrauen
auch gerade in Abstürzen aller Art, ist das Dennoch, das überzeugt
ist, dass Jesus das Leben wieder in die Balance bringen kann.
Kleine Anleitung zum Glücklichsein
Die Bibel ist voll von Hinweisen,
wie glückliches Leben gestaltet werden kann. Immer betont sie, dass
alles Glück von Gott kommt und nur in einer persönlichen Beziehung
zu ihm durch seinen Sohn Jesus Christus Lebensglück möglich ist.
Doch wie sieht das praktisch aus?
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Im Heute leben: Heute will
uns Gott begegnen, heute geht es darum, glücklich zu sein. Schauen
wir auf gestern oder übermorgen, verkommt Glück schnell zu einer
Wüsten-Fata Morgana. So sind wir aufgerufen, an jedem Tag Schönheit
zu entdecken, kleine Liebesbeweise Gottes, Oasen, wo wir Kraft und Mut
tanken und uns einfach ausruhen können. „Quält euch also nicht
mit Gedanken an morgen; der morgige Tag wird für sich selber sorgen.
Es genügt, dass jeder Tag seine eigene Last hat.“ (Matthäus
6,34)
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Beziehungen gestalten: Beziehungen
fallen nicht in den Schoß, wir müssen darin investieren. Freunde
tun uns nicht nur gut, sondern wir sollten ihnen auch Gutes tun, verbindlich
zu ihnen stehen, Lasten mittragen. Genauso braucht die Beziehung zu Jesus
Christus Investition, Zeit, um auf ihn zu hören, Gehörtes umzusetzen,
Neues mit ihm zu wagen.
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Dunkle Täler durchschreiten:
Der Beter des 73. Psalms ist in seiner Not zum Heiligtum gegangen, um dort
Gott zu begegnen. Die Emmausjünger traf der auferstandene Jesus auf
dem Weg. In dunklen Zeiten liegt eine große Versuchung darin, sich
in einer Höhle einzuschließen und abzukapseln. Jesus fordert
uns auf, uns auf den Weg zu machen, auch wenn das Tal dunkel ist. Er als
der gute Hirte will uns da begegnen und uns zum Licht führen. Wir
sind nicht allein auf dem Weg, die Fürbitte und Begleitung in der
Gemeinde dürfen wir in Anspruch nehmen.
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Aufgaben anpacken: Aufgaben,
die Gott uns vor die Füße legt, sind keine von ihm eingebauten
Stolpersteine, sondern sind Hilfen, dass wir neu spüren, wie wichtig
wir sind und dass es auf uns ankommt. Vielleicht gefallen uns diese Aufgaben
nicht. Wir sehnen uns nach der ultimativen Herausforderung, der Beförderung,
Ansehen und Ruhm, und dann bekommen wir Aufgaben, wo wir hinter der Bühne
stehen. Erst beim Anpacken wird sich herausstellen, ob Gott diese Aufgaben
uns zugedacht hat, dann nämlich, wenn sie plötzlich zu uns passen
und wir erleben, dass sie zu Gottes Ehre beitragen.
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Seelenhygiene: Nichts ist
für unser Glück bedrohlicher als alte Geschichten und Lasten,
die wir nicht loslassen. Es sind tonnenschwere Gewichte, die wir mit auf
den Stuhl setzen, kein Wunder, wenn er zusammenbricht. Lassen wir uns das
Gift von Gott aus der Seele spülen, dass es nicht mehr in uns wüten
kann. Bitten wir ihn, dass er uns die Kraft zum Vergeben und zum Vergessen
schenkt, um wieder leicht und frei zu werden.
„Dir nahe zu sein, ist mein
ganzes Glück“, so formuliert es der Psalmbeter. Geliebt, eingebunden,
gebraucht zu sein, ein Ziel zu haben, das ist Glück. Unser Erleben
heute ist ein kleines Puzzleteil im großen Bild unseres Lebens und
unserer Welt. Vielleicht ist es ein sehr dunkles Puzzleteil, aber einmal
wird es in das große Bild der Vollendung integriert sein. Da ist
auch dieser Tag als winzig kleines Teilchen wichtig für das
Ganze und ein Baustein zum Glück.
Cornelia
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