Hoffnung in schweren Zeiten (1.Petrus 1,1-9)
Gottesdienst am 8.3.2020 in Brombach

Liebe Gemeinde,
nach längerer Zeit hatten wir uns mal wieder getroffen, saßen im Café und tauschten uns aus. „Was hast du Gutes erlebt?“ „Was bewegt dein Herz gerade?“ Sehr bald waren wir bei allen möglichen Problemen angekommen. Unser kleiner Bistrotisch, auf dem unsere Kaffeetassen standen, war bildlich gesprochen überhäuft mit Problem- und Sorgenpaketen. Ich fragte mich im Nachhinein, ob das bei Christen normal ist. Sollten wir nicht geheilt und befreit von diesen ganzen Lasten leben, weil Jesus sie trägt? Sollten wir nicht fröhlich unsere Straße ziehen, weil Jesus uns immer Lösungen schenken kann? Stattdessen rumpeln wir über die Schlaglöcher unseres Lebens, fahren uns in Baustellen fest und nehmen lange Umleitungen.

Ein Brief von Petrus wurde an Gemeinden geschrieben, die auch vor vielen Problemen standen. In Kleinasien, der heutigen Türkei, waren sie eine Minderheit, oft in ihrem persönlichen Umfeld isoliert, wirtschaftlich schwach und genauso ratlos, wie wir an unserem Café-Tisch. Jesus macht alles neu? Wo ist die Hoffnung geblieben?

Der Brief ist ein Seelsorgebrief. Er möchte vermitteln, dass die Gemeinde auf dem richtigen Weg ist. Er will ermutigen durchzuhalten, denn es gibt ein Ziel, das Leben bei Gott in Ewigkeit. Der Brief möchte ermuntern, konsequent nach Jesu Anleitung zu leben. Irgendwann, so Petrus, wird die Umgebung merken, was sie an Christen hat, und das Blatt wird sich wenden.

Wir müssen den Brief heute in unsere Situation übersetzen. Wir leben nicht im 1.Jahrhundert nach Christus. Bei uns ist der christliche Glaube etabliert, wir werden als Christen hier nicht bedrängt. Und doch sind wir oft am Zweifeln. Licht der Welt sind wir, doch haben wir eher den Eindruck, dass die Glühbirne kaputt ist. Alles ist mit Jesus neu, und doch haften uns unsere Lebensverletzungen an, und wir können sie nicht abschütteln. Sorgen sollen wir auf ihn werfen, doch sie scheinen an einem Gummiband festzuhängen, sie schnellen nach kurzer Zeit wieder in unser Herz zurück. Gesellschaftlich liegt Vieles im Argen, und wir werden uns als Christen nicht einig, wie wir darauf reagieren sollen, obwohl wir alle demselben Jesus folgen wollen.

Spannend ist es, ob Petrus uns weiterhelfen kann.

1.Petrus 1,1-2
Petrus, Apostel von Jesus Christus. An die Auserwählten, in der Fremde verstreut: in Pontus, Galatien, Kappadozien, in der Provinz Asien und in Bithynien. Eure Erwählung geschieht durch den Heiligen Geist, der euch zu Heiligen macht. So hatte Gott es vorherbestimmt. Denn er wollte, dass ihr sein gehorsames Volk werdet – reingewaschen durch das Blut von Jesus Christus. Ich wünsche euch Gnade und Frieden in immer reicherem Maß!

Wir sind Heilige
Als Ausgangspunkt wählt Petrus Gott, der erwählt hat durch den Heiligen Geist. Schauen wir auf die Bedeutung dieser Aussage, entdecken wir zunächst Abgrenzungen. Dass Gott uns erwählt hat, bedeutet nicht:

  • Ich habe irgendetwas an mir, das zur Erwählung geführt hat. Das Bild von der Sportmannschaft, in die zuerst die Besten gewählt werden, passt nicht.
  • Ein Zufallsgenerator bestimmt, wer erwählt wird. Vor ein paar Wochen bekam ich eine Email, ich wäre unter Tausenden ausgewählt, an einer Studie über die Sicherheit vor Ort mitzumachen. So funktioniert Gottes Erwählung nicht, auch wenn es schmeicheln würde, unter Tausenden von Gott ausgewählt zu sein.
  • Erwählt zu sein, bedeutet nicht, dass mein Nachbar nicht erwählt ist. Es ist kein Wettbewerb, bei dem Gott Punkte verteilt.
Im Positiven bedeutet es, dass Gott mich zu sich zieht ohne Vorleistung meinerseits. Nur deshalb zieht er mich, weil er mich liebt. Und da er jeden Menschen liebt, gilt die Erwählung auch jedem Menschen. Das erkenne ich allerdings erst, wenn ich Ja zu dieser Erwählung gesagt habe.

Ich stelle es mir so vor: Ich laufe in einem belebten Einkaufszentrum herum. Jemand ruft in meinem Rücken meinen Vornamen. Ich kann denken, das gilt bestimmt einer anderen Cornelia. Ich kann verstopfte Ohren haben und es einfach nicht hören. Ich kann abgelenkt sein und nicht darauf achten. Ich kann beschließen, dass ich jetzt niemand treffen will, und so tun, als ob ich es nicht gehört habe. Doch ich kann mich auch umdrehen. Und da steht jemand, der mich noch aus meinen Jugendjahren kennt, und den ich schon längst vergessen hatte. 

Wir sind von Gott erwählt. Wenn wir uns auf sein Rufen hin umdrehen, wird er sich zu erkennen geben als der, der uns ins Leben rief und keinen Tag vergessen hatte. Wenn wir auf ihn zulaufen, ihm die Hand geben, sind wir in seinem Einflussbereich, und der wirkt wie ein Heizpilz. Auch um den Heizpilz herum ist es warm, wir werden durchgewärmt und strahlen diese Wärme nach außen ab.

Dies ist die Ausgangslage, die Petrus beschreibt. Christen drehten sich um, als Gott sie durch seinen Geist beim Namen rief. Sie begaben sich in seinen Einflussbereich und nun lassen sie sich von seiner Liebe wärmen.

1.Petrus 1,3-7
Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. In seiner großen Barmherzigkeit hat er uns sozusagen neu geboren. Durch die Auferweckung von Jesus Christus aus dem Tod hat er uns eine lebendige Hoffnung geschenkt. Es ist die Hoffnung auf ein unvergängliches, reines und unverlierbares Erbe. Gott hält es im Himmel für euch bereit und bewahrt euch durch seine Macht. So erlangt ihr durch den Glauben die Rettung, die am Ende der Zeit offenbar werden soll. Darüber könnt ihr euch freuen. Allerdings müsst ihr nach Gottes Willen jetzt erst einmal eine kurze Zeit leiden. Denn ihr werdet mehrfach auf die Probe gestellt. Das dient dazu, dass euer Glaube sich als echt erweist. Er ist wertvoller als vergängliches Gold, das im Feuer auf seine Echtheit geprüft wird. Dafür werdet ihr bei der Offenbarung von Jesus Christus Lob, Herrlichkeit und Ehre erfahren.

Wir haben Hoffnung
Petrus weist auf das Erbe am Ende der Zeiten hin. Da wird eine neue Welt Gottes auf uns warten, wir werden mit Gott leben, die Leiden werden ein Ende haben und unsere Freude wird überschäumen.

Jetzt allerdings gilt es durchzuhalten. Petrus ordnet die Probleme der Zeit ein als Prüfungen Gottes, die uns reifen lassen sollen, um bereit für seine neue Welt zu werden.

Für die Christen damals war die Aussicht auf den Himmel wohl bedeutungsvoll. Sie ließen sich trösten, ja, später hieß es kritisch, sie ließen sich viel zu sehr vertrösten.

Können wir noch vom Erbe reden, wie Petrus damals, hat der Himmel, auf den wir warten, Bedeutung für uns, oder ist er eher verblasst? Bei einem Jugendseminar hörte ich einigen Jugendlichen zu, wie sie sich über das Leben nach dem Tod unterhielten. Sie tauschten sich aus über ferne Galaxien, Helden, die sie da retten oder die Vorstellung, einmal als ein Anderer wiedergeboren zu sein. Bewusst schaltete ich mich nicht ein. Die Jugendlichen hatten eine christliche Sozialisation, waren im Kirchlichen Unterricht, besuchten Gottesdienste, aber die biblische Verheißung eines Lebens bei Gott war ihnen fremd. Liegt es an uns, dass wir sie ihnen nicht mehr nahebringen können, weil sie für uns selbst keine Bedeutung mehr hat?

Die Christen in Kleinasien hatten eine genaue Vorstellung. Sie erwarteten am Ende der Zeiten Gottes Gericht. Sie vertrauten, dass Jesus als ihr Anwalt sie im Prozess über ihr Leben raushauen würde und sie dann in himmlischer Wohnung bei Gott leben würden. 

Auch ich brauche ein Ziel für meine Lebenswanderung. Dabei helfen mir die Bilder, die Jesus gebrauchte. Ein Festmahl im Überfluss, Gemeinschaft mit ihm, Abwischen aller Tränen, Lobpreis und Licht, Versöhnung und Liebe, welch eine Verheißung.

Unsere Kinder waren noch jung, doch wir waren Bergfans und wollten ihnen unbedingt die Bergwelt lieb machen. Sie hatten allerdings beschlossen, dass Wandern doof ist. Nun waren wir in den Bergen, was konnten wir tun, um unsere Bedürfnisse für diesen Urlaub unter einen Hut zu bringen? Wir unternahmen Wanderungen zu Hütten, wo es leckere Spaghetti gab. Wir lockten die Kinder, und tatsächlich half das, auch die Steigungen tapfer zu meistern. Das Ziel gab Kraft und Ansporn.

Vielleicht müssen wir uns intensiver mit den Verheißungen Gottes beschäftigen, um Motivation für unseren Weg zu bekommen. Die Aussicht, dass das Erbe bestimmt verteilt wird, kann uns ermutigen, die Durststrecken durchzuhalten.

Wir brauchen die Zwischenzeit
Die Zeit zwischen jetzt und der Ewigkeit muss nicht als nutzlos wahrgenommen werden, so legt es Petrus den Gemeinden in Kleinasien nahe. Sie ist die Zeit der Reifung, die nötig ist. Petrus gebraucht das Bild des Feuers. Er sieht Metall, das im Feuer gereinigt wird und so an Wert gewinnt. Ja, mancher mag seine Lebensführung wie ein Feuer erleben, schmerzhaft, vernichtend, bedrohlich. Mir ist dieses Bild zu stark. Ich sehe diese Reifezeit meines Lebens eher als eine Reifekammer für Südfrüchte, in der sie die Süße zum Verzehr bekommen. Niemand muss mich ins Feuer halten, damit ich mich verändere. Es genügt oft schon eine Umgebung, die mich dazu anreizt, die Liebe anderer, die mich motiviert, die hilfreiche Hand, die mich zu neuen Wegen führt.

Zwischenzeit ist Reifezeit
Wenn ich mir den Sorgentisch anschaue, den meine Bekannte und ich damals im Café vollgepackt hatten, so lädt mich Jesus ein, ihm zu vertrauen, dass er sich der Sorgenpakete annimmt, die ich nicht tragen oder lösen kann. Ich kann seine Kraft noch viel mehr in Anspruch nehmen, wenn das Lösen meine Aufgabe ist. Und ich bekomme im Gebet Klarheit, was meine Aufgabe ist und was ich Jesus überlassen kann.

  • Ich lerne, mein Leben, so wie es ist, anzunehmen. Ich bin nicht die Eiskunstläuferin, die ich als Kind so gerne geworden wäre. Und das ist gut so, passt zu mir. Ich bin nicht immer die Ideallinie gelaufen, aber im Nachhinein haben sich daraus Umwege ergeben, die nicht nur schlecht waren. Ich bleibe mit Mängeln behaftet, und Gott will es so, denn sonst würde ich ihn vergessen.
  • Ich lerne, mich mit meiner Umgebung zu versöhnen. Die Grautöne gehören in manchen Beziehungen dazu. Ich muss nicht mit jedem befreundet sein, und es muss mich nicht jeder mögen. Meine Mitmenschen sind begrenzt wie ich, wie könnte ich es ihnen grundsätzlich zum Vorwurf machen.
  • Ich lebe aus Gottes Kraft. Das Ziel ist zwar in meinem Kopf, aber der Weg dahin ist unbekannt. In der Jungschar spielen wir gerne ein Spiel mit verbundenen Augen. Jemand muss durch einen Hindernisparcour laufen ohne anzustoßen, nur dirigiert von seinem Kompagnon, der ihm mit Geräuschen zeigt, wo es langgeht. So ist ja der Alltag. Wir sind auf Zurufe von oben angewiesen. Wir wissen nicht, was morgen sein wird. Wir planen, denken vor, aber alles kann anders kommen. Gut, wenn wir auf Gottes Weisungen hören und uns klar machen, dass wir sie brauchen.
  • Ich frage, was will Gott? Die Christen damals hatten die Antwort. Gott wollte, dass sie möglichst unauffällig und vorbildlich in ihrem Umfeld lebten. Nichtchristen sollten durch ihren Lebenswandel aufmerksam auf Gott werden. Unsere Antwort heute wird ein bisschen anders ausfallen. Wir haben uns politisch zu positionieren. Wie gehe ich als Christ mit Minderheiten um? Wie reagiere ich auf Hetze? Wie ist meine Haltung zur Schöpfung? Und ganz aktuell: Wie halte ich es mit dem Sterben und der Hilfe dazu? 
Antworten auf diese Fragen finden wir gemeinsam, im Austausch, im Hören auf die Argumente der Anderen, im Wertschätzen der Aussagen Jesu, der ja sehr konkret Missstände in der Gesellschaft ansprach.

Auch dazu ist Gemeinde da, als Reifekammer, um uns in der Liebe Gottes wachsen zu lassen, dass wir Reife für die Ewigkeit erreichen.

Ihr liebt ihn, obwohl ihr ihn nicht gesehen habt. Ihr glaubt an ihn, obwohl ihr ihn jetzt nicht seht. Deshalb könnt ihr jubeln in unaussprechlicher Freude, die schon von der künftigen Herrlichkeit erfüllt ist. Denn ihr empfangt, was das Ziel eures Glaubens ist: eure endgültige Rettung. (1.Petrus 1,8-9)

Cornelia Trick


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