Gottesdienst am 8.3.2020
in Brombach
Liebe Gemeinde,
nach längerer Zeit
hatten wir uns mal wieder getroffen, saßen im Café und tauschten
uns aus. „Was hast du Gutes erlebt?“ „Was bewegt dein Herz gerade?“ Sehr
bald waren wir bei allen möglichen Problemen angekommen. Unser kleiner
Bistrotisch, auf dem unsere Kaffeetassen standen, war bildlich gesprochen
überhäuft mit Problem- und Sorgenpaketen. Ich fragte mich im
Nachhinein, ob das bei Christen normal ist. Sollten wir nicht geheilt und
befreit von diesen ganzen Lasten leben, weil Jesus sie trägt? Sollten
wir nicht fröhlich unsere Straße ziehen, weil Jesus uns immer
Lösungen schenken kann? Stattdessen rumpeln wir über die Schlaglöcher
unseres Lebens, fahren uns in Baustellen fest und nehmen lange Umleitungen.
Ein Brief von Petrus wurde
an Gemeinden geschrieben, die auch vor vielen Problemen standen. In Kleinasien,
der heutigen Türkei, waren sie eine Minderheit, oft in ihrem persönlichen
Umfeld isoliert, wirtschaftlich schwach und genauso ratlos, wie wir an
unserem Café-Tisch. Jesus macht alles neu? Wo ist die Hoffnung geblieben?
Der Brief ist ein Seelsorgebrief.
Er möchte vermitteln, dass die Gemeinde auf dem richtigen Weg ist.
Er will ermutigen durchzuhalten, denn es gibt ein Ziel, das Leben bei Gott
in Ewigkeit. Der Brief möchte ermuntern, konsequent nach Jesu Anleitung
zu leben. Irgendwann, so Petrus, wird die Umgebung merken, was sie an Christen
hat, und das Blatt wird sich wenden.
Wir müssen den Brief
heute in unsere Situation übersetzen. Wir leben nicht im 1.Jahrhundert
nach Christus. Bei uns ist der christliche Glaube etabliert, wir werden
als Christen hier nicht bedrängt. Und doch sind wir oft am Zweifeln.
Licht der Welt sind wir, doch haben wir eher den Eindruck, dass die Glühbirne
kaputt ist. Alles ist mit Jesus neu, und doch haften uns unsere Lebensverletzungen
an, und wir können sie nicht abschütteln. Sorgen sollen wir auf
ihn werfen, doch sie scheinen an einem Gummiband festzuhängen, sie
schnellen nach kurzer Zeit wieder in unser Herz zurück. Gesellschaftlich
liegt Vieles im Argen, und wir werden uns als Christen nicht einig, wie
wir darauf reagieren sollen, obwohl wir alle demselben Jesus folgen wollen.
Spannend ist es, ob Petrus
uns weiterhelfen kann.
1.Petrus 1,1-2
Petrus, Apostel von Jesus
Christus. An die Auserwählten, in der Fremde verstreut: in Pontus,
Galatien, Kappadozien, in der Provinz Asien und in Bithynien. Eure Erwählung
geschieht durch den Heiligen Geist, der euch zu Heiligen macht. So hatte
Gott es vorherbestimmt. Denn er wollte, dass ihr sein gehorsames Volk werdet
– reingewaschen durch das Blut von Jesus Christus. Ich wünsche euch
Gnade und Frieden in immer reicherem Maß!
Wir sind Heilige
Als Ausgangspunkt wählt
Petrus Gott, der erwählt hat durch den Heiligen Geist. Schauen wir
auf die Bedeutung dieser Aussage, entdecken wir zunächst Abgrenzungen.
Dass Gott uns erwählt hat, bedeutet nicht:
-
Ich habe irgendetwas an mir,
das zur Erwählung geführt hat. Das Bild von der Sportmannschaft,
in die zuerst die Besten gewählt werden, passt nicht.
-
Ein Zufallsgenerator bestimmt,
wer erwählt wird. Vor ein paar Wochen bekam ich eine Email, ich wäre
unter Tausenden ausgewählt, an einer Studie über die Sicherheit
vor Ort mitzumachen. So funktioniert Gottes Erwählung nicht, auch
wenn es schmeicheln würde, unter Tausenden von Gott ausgewählt
zu sein.
-
Erwählt zu sein, bedeutet
nicht, dass mein Nachbar nicht erwählt ist. Es ist kein Wettbewerb,
bei dem Gott Punkte verteilt.
Im Positiven bedeutet es,
dass Gott mich zu sich zieht ohne Vorleistung meinerseits. Nur deshalb
zieht er mich, weil er mich liebt. Und da er jeden Menschen liebt, gilt
die Erwählung auch jedem Menschen. Das erkenne ich allerdings erst,
wenn ich Ja zu dieser Erwählung gesagt habe.
Ich stelle es mir so vor:
Ich laufe in einem belebten Einkaufszentrum herum. Jemand ruft in meinem
Rücken meinen Vornamen. Ich kann denken, das gilt bestimmt einer anderen
Cornelia. Ich kann verstopfte Ohren haben und es einfach nicht hören.
Ich kann abgelenkt sein und nicht darauf achten. Ich kann beschließen,
dass ich jetzt niemand treffen will, und so tun, als ob ich es nicht gehört
habe. Doch ich kann mich auch umdrehen. Und da steht jemand, der mich noch
aus meinen Jugendjahren kennt, und den ich schon längst vergessen
hatte.
Wir sind von Gott erwählt.
Wenn wir uns auf sein Rufen hin umdrehen, wird er sich zu erkennen geben
als der, der uns ins Leben rief und keinen Tag vergessen hatte. Wenn wir
auf ihn zulaufen, ihm die Hand geben, sind wir in seinem Einflussbereich,
und der wirkt wie ein Heizpilz. Auch um den Heizpilz herum ist es warm,
wir werden durchgewärmt und strahlen diese Wärme nach außen
ab.
Dies ist die Ausgangslage,
die Petrus beschreibt. Christen drehten sich um, als Gott sie durch seinen
Geist beim Namen rief. Sie begaben sich in seinen Einflussbereich und nun
lassen sie sich von seiner Liebe wärmen.
1.Petrus 1,3-7
Gelobt sei der Gott und
Vater unseres Herrn Jesus Christus. In seiner großen Barmherzigkeit
hat er uns sozusagen neu geboren. Durch die Auferweckung von Jesus Christus
aus dem Tod hat er uns eine lebendige Hoffnung geschenkt. Es ist die Hoffnung
auf ein unvergängliches, reines und unverlierbares Erbe. Gott hält
es im Himmel für euch bereit und bewahrt euch durch seine Macht. So
erlangt ihr durch den Glauben die Rettung, die am Ende der Zeit offenbar
werden soll. Darüber könnt ihr euch freuen. Allerdings müsst
ihr nach Gottes Willen jetzt erst einmal eine kurze Zeit leiden. Denn ihr
werdet mehrfach auf die Probe gestellt. Das dient dazu, dass euer Glaube
sich als echt erweist. Er ist wertvoller als vergängliches Gold, das
im Feuer auf seine Echtheit geprüft wird. Dafür werdet ihr bei
der Offenbarung von Jesus Christus Lob, Herrlichkeit und Ehre erfahren.
Wir haben Hoffnung
Petrus weist auf das Erbe
am Ende der Zeiten hin. Da wird eine neue Welt Gottes auf uns warten, wir
werden mit Gott leben, die Leiden werden ein Ende haben und unsere Freude
wird überschäumen.
Jetzt allerdings gilt es
durchzuhalten. Petrus ordnet die Probleme der Zeit ein als Prüfungen
Gottes, die uns reifen lassen sollen, um bereit für seine neue Welt
zu werden.
Für die Christen damals
war die Aussicht auf den Himmel wohl bedeutungsvoll. Sie ließen sich
trösten, ja, später hieß es kritisch, sie ließen
sich viel zu sehr vertrösten.
Können wir noch vom
Erbe reden, wie Petrus damals, hat der Himmel, auf den wir warten, Bedeutung
für uns, oder ist er eher verblasst? Bei einem Jugendseminar hörte
ich einigen Jugendlichen zu, wie sie sich über das Leben nach dem
Tod unterhielten. Sie tauschten sich aus über ferne Galaxien, Helden,
die sie da retten oder die Vorstellung, einmal als ein Anderer wiedergeboren
zu sein. Bewusst schaltete ich mich nicht ein. Die Jugendlichen hatten
eine christliche Sozialisation, waren im Kirchlichen Unterricht, besuchten
Gottesdienste, aber die biblische Verheißung eines Lebens bei Gott
war ihnen fremd. Liegt es an uns, dass wir sie ihnen nicht mehr nahebringen
können, weil sie für uns selbst keine Bedeutung mehr hat?
Die Christen in Kleinasien
hatten eine genaue Vorstellung. Sie erwarteten am Ende der Zeiten Gottes
Gericht. Sie vertrauten, dass Jesus als ihr Anwalt sie im Prozess über
ihr Leben raushauen würde und sie dann in himmlischer Wohnung bei
Gott leben würden.
Auch ich brauche ein Ziel
für meine Lebenswanderung. Dabei helfen mir die Bilder, die Jesus
gebrauchte. Ein Festmahl im Überfluss, Gemeinschaft mit ihm, Abwischen
aller Tränen, Lobpreis und Licht, Versöhnung und Liebe, welch
eine Verheißung.
Unsere Kinder waren noch
jung, doch wir waren Bergfans und wollten ihnen unbedingt die Bergwelt
lieb machen. Sie hatten allerdings beschlossen, dass Wandern doof ist.
Nun waren wir in den Bergen, was konnten wir tun, um unsere Bedürfnisse
für diesen Urlaub unter einen Hut zu bringen? Wir unternahmen Wanderungen
zu Hütten, wo es leckere Spaghetti gab. Wir lockten die Kinder, und
tatsächlich half das, auch die Steigungen tapfer zu meistern. Das
Ziel gab Kraft und Ansporn.
Vielleicht müssen
wir uns intensiver mit den Verheißungen Gottes beschäftigen,
um Motivation für unseren Weg zu bekommen. Die Aussicht, dass das
Erbe bestimmt verteilt wird, kann uns ermutigen, die Durststrecken durchzuhalten.
Wir brauchen die Zwischenzeit
Die Zeit zwischen jetzt
und der Ewigkeit muss nicht als nutzlos wahrgenommen werden, so legt es
Petrus den Gemeinden in Kleinasien nahe. Sie ist die Zeit der Reifung,
die nötig ist. Petrus gebraucht das Bild des Feuers. Er sieht Metall,
das im Feuer gereinigt wird und so an Wert gewinnt. Ja, mancher mag seine
Lebensführung wie ein Feuer erleben, schmerzhaft, vernichtend, bedrohlich.
Mir ist dieses Bild zu stark. Ich sehe diese Reifezeit meines Lebens eher
als eine Reifekammer für Südfrüchte, in der sie die Süße
zum Verzehr bekommen. Niemand muss mich ins Feuer halten, damit ich mich
verändere. Es genügt oft schon eine Umgebung, die mich dazu anreizt,
die Liebe anderer, die mich motiviert, die hilfreiche Hand, die mich zu
neuen Wegen führt.
Zwischenzeit ist Reifezeit
Wenn ich mir den Sorgentisch
anschaue, den meine Bekannte und ich damals im Café vollgepackt
hatten, so lädt mich Jesus ein, ihm zu vertrauen, dass er sich der
Sorgenpakete annimmt, die ich nicht tragen oder lösen kann. Ich kann
seine Kraft noch viel mehr in Anspruch nehmen, wenn das Lösen meine
Aufgabe ist. Und ich bekomme im Gebet Klarheit, was meine Aufgabe ist und
was ich Jesus überlassen kann.
-
Ich lerne, mein Leben, so
wie es ist, anzunehmen. Ich bin nicht die Eiskunstläuferin, die ich
als Kind so gerne geworden wäre. Und das ist gut so, passt zu mir.
Ich bin nicht immer die Ideallinie gelaufen, aber im Nachhinein haben sich
daraus Umwege ergeben, die nicht nur schlecht waren. Ich bleibe mit Mängeln
behaftet, und Gott will es so, denn sonst würde ich ihn vergessen.
-
Ich lerne, mich mit meiner
Umgebung zu versöhnen. Die Grautöne gehören in manchen Beziehungen
dazu. Ich muss nicht mit jedem befreundet sein, und es muss mich nicht
jeder mögen. Meine Mitmenschen sind begrenzt wie ich, wie könnte
ich es ihnen grundsätzlich zum Vorwurf machen.
-
Ich lebe aus Gottes Kraft.
Das Ziel ist zwar in meinem Kopf, aber der Weg dahin ist unbekannt. In
der Jungschar spielen wir gerne ein Spiel mit verbundenen Augen. Jemand
muss durch einen Hindernisparcour laufen ohne anzustoßen, nur dirigiert
von seinem Kompagnon, der ihm mit Geräuschen zeigt, wo es langgeht.
So ist ja der Alltag. Wir sind auf Zurufe von oben angewiesen. Wir wissen
nicht, was morgen sein wird. Wir planen, denken vor, aber alles kann anders
kommen. Gut, wenn wir auf Gottes Weisungen hören und uns klar machen,
dass wir sie brauchen.
-
Ich frage, was will Gott?
Die Christen damals hatten die Antwort. Gott wollte, dass sie möglichst
unauffällig und vorbildlich in ihrem Umfeld lebten. Nichtchristen
sollten durch ihren Lebenswandel aufmerksam auf Gott werden. Unsere Antwort
heute wird ein bisschen anders ausfallen. Wir haben uns politisch zu positionieren.
Wie gehe ich als Christ mit Minderheiten um? Wie reagiere ich auf Hetze?
Wie ist meine Haltung zur Schöpfung? Und ganz aktuell: Wie halte ich
es mit dem Sterben und der Hilfe dazu?
Antworten auf diese Fragen
finden wir gemeinsam, im Austausch, im Hören auf die Argumente der
Anderen, im Wertschätzen der Aussagen Jesu, der ja sehr konkret Missstände
in der Gesellschaft ansprach.
Auch dazu ist Gemeinde
da, als Reifekammer, um uns in der Liebe Gottes wachsen zu lassen, dass
wir Reife für die Ewigkeit erreichen.
Ihr liebt ihn, obwohl ihr
ihn nicht gesehen habt. Ihr glaubt an ihn, obwohl ihr ihn jetzt nicht seht.
Deshalb könnt ihr jubeln in unaussprechlicher Freude, die schon von
der künftigen Herrlichkeit erfüllt ist. Denn ihr empfangt, was
das Ziel eures Glaubens ist: eure endgültige Rettung. (1.Petrus
1,8-9)
Cornelia
Trick
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