Gottesdienst für
den 28.3.2021 in Brombach, wegen des Lockdowns ohne anwesende Gemeinde
Liebe Gemeinde,
gerade laufen auf dem
Grundstück die Vorarbeiten für den Bau eines Hochhauses, vor
wenigen Jahrzehnten gab es an diesem Ort noch eine lebendige Gemeinde.
Als ich in dort lebte, kamen gerade junge Menschen dazu, es gab eine Aufbruchstimmung.
Mit den Augen der Neuen sah man sich den Gottesdienstraum an. Alte Nachkriegsstühle
standen da. Das Holz splitterte an vielen ab, manche Nylon-Strümpfe
blieben dabei auf der Strecke. So wuchs das Bedürfnis, auch den Raum
der Aufbruchstimmung anzupassen und neue Stühle anzuschaffen. Damit
war eine Diskussion entfacht. An einem Ende des Meinungsspektrums äußerte
jemand, man sollte doch das Geld, das wir für die Stühle ausgeben
müssten, der Weltmission geben. Wie viele Familien könnten damit
unterstützt werden in den notleidenden Gebieten dieser Welt. Am andern
Ende der Meinungsskala traten die Befürwortenden dafür ein, Gott
mit einem schönen Raum zu ehren und diesen Ort mindestens so qualitativ
auszustatten wie unsere Wohnzimmer, in denen solche kaputten Stühle
doch auch nicht mehr standen. Natürlich gab es auch die Unentschiedenen
in der Mitte, sie wollten mit der Mehrheit abstimmen.
Solche Diskussionen kennen
wir sicher alle aus dem ganz normalen Miteinander. Manchmal befinden wir
uns bei den einen, mal in der Mitte oder auch bei den anderen. Wir haben
schnell gute Ideen, was andere mit ihrem Geld machen sollten, wo es viel
effektiver einzusetzen wäre, wo es mehr Sinn machen würde auch
im Blick auf das, was Jesus von uns will.
Begleiten wir Jesus an
diesem Palmsonntag in seine letzte Woche vor seiner Kreuzigung. An Palmsonntag
selbst prallen zwei Welten aufeinander. Jesus und seine Anhängerinnen
und Anhänger, die ihm teils aus Galiläa gefolgt waren, breiten
ihm, den sie für den neuen König der Juden halten, den roten
Teppich mit ihren Kleidern und Palmzweigen aus. „Hosianna“ rufen sie, zu
Deutsch „Herr, hilf!“ Ihre ganzen Erlebnisse mit Jesus bringen sie mit.
Wer, wenn nicht der, der Stürme stillte, Menschen satt machte und
Kranke heilte, war der von Gott bestimmte Messias, der sie retten würde
vor den Römern.
Sie trafen auf eine feindliche
Front in der Hauptstadt Jerusalem. Die Religionsbehörde hatte Jesus
schon lange auf dem Index, wollte ihn daran hindern, ein aus ihrer Sicht
falsches Gottesbild und einen falschen Umgang mit dem Gesetz zu propagieren.
Diese Front wurde in den nächsten Tagen stärker bis sie schließlich
Jesus am Karfreitag scheinbar besiegte.
Wie eine Insel in diesem
Geschehen erscheint da eine Einladung zum Essen in Bethanien, einem Ort
etwas außerhalb von Jerusalem.
Markus 14,3-9
Jesus war in Betanien.
Er war zu Gast bei Simon, dem Aussätzigen. Als er sich zum Essen niedergelassen
hatte, kam eine Frau herein. Sie hatte ein Fläschchen mit Salböl
dabei. Es war reines kostbares Nardenöl. Sie brach das Fläschchen
auf und träufelte Jesus das Salböl auf den Kopf. Einige ärgerten
sich darüber und sagten zueinander: »Wozu verschwendet sie das
Salböl? Das Salböl war mehr als dreihundert Silberstücke
wert. Man hätte es verkaufen können und das Geld den Armen geben.«
Sie überschütteten die Frau mit Vorwürfen. Aber Jesus sagte:
»Lasst sie doch! Warum macht ihr der Frau das Leben schwer? Sie hat
etwas Gutes an mir getan. Es wird immer Arme bei euch geben, und ihr könnt
ihnen helfen, sooft ihr wollt. Aber mich habt ihr nicht für immer
bei euch Die Frau hat getan, was sie konnte: Sie hat meinen Körper
im Voraus für mein Begräbnis gesalbt. Amen, das sage ich euch:
Überall in der Welt, wo die Gute Nachricht weitergesagt wird, wird
auch erzählt werden, was sie getan hat. So wird man sich immer an
sie erinnern.«
Jesus hatte persönliche
Beziehungen zu dem Ort. Die Schwestern Maria und Martha waren für
ihn eine Anlaufstelle zum Auftanken, und ihren Bruder Lazarus hatte er
vom Tod auferweckt. Nun hören wir von einer Einladung ins Haus des
Simon. Als Aussätziger wird er bezeichnet. Ob er eine Hautkrankheit
hatte oder Jesus ihn sogar von Lepra geheilt hatte, wissen wir nicht, jedenfalls
war dieser Simon Jesus verbunden. Wie es damals üblich war, lagerten
die Männer wahrscheinlich um den Tisch und ließen sich von Frauen
bedienen. In die Tischrunde platzt eine Frau herein, zielsicher geht sie
zu Jesus und kippt Öl im Wert eines Jahresgehalts auf Jesu Kopf. Ein
wunderbarer Duft dieses Öls wird sich im Raum verbreitet und gleichzeitig
die Anwesenden verwirrt haben. Wer war diese Frau? Warum tat sie das? War
das nicht eine gänzlich verrückte Aktion?
Wir wissen nicht, wer diese
Frau war. Offensichtlich ist dem Evangelisten Markus auch nicht wichtig
gewesen, ihre Identität festzustellen. Es genügen die beiden
Aspekte, die ihre Tat andeuten.
-
Die Frau gibt ein Jahresgehalt
hin für Jesus, zweckfrei. Es wird nicht berichtet, dass sie es aus
Dankbarkeit tut, sich für irgendetwas revanchieren will oder sich
einen Nutzen verspricht. Sie macht Jesus ein unfassbar großes Geschenk.
Sie gibt eine riesige Summe für die Salbung aus. Vergleichbar hatten
die Jünger ihre ganze Existenz aufgegeben, als sie Jesus folgten.
Sie wird zum Vorbild für Menschen, die Jesus vertrauen, eben nicht
nur ein bisschen, sondern ganz mit allem, was sie haben.
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Die Frau salbt Jesus. Gesalbt
wurden Könige, wenn sie ihr Amt antraten. Jesus ritt Palmsonntag nach
Jerusalem und wurde als König gefeiert. Die Frau holt seine Salbung
nach. Er ist nun der berufene und in sein Amt eingesetzte Nachfahre Davids,
auf den die Juden hofften, der Messias, der Frieden bringen würde.
Reaktionen
Die Jünger wirken
aufgescheucht, sie murmeln untereinander: „Wie kann man nur, was hätte
man mit diesem Geld alles Gutes tun können!“ Mit Kopfschütteln
und Ärger reagieren sie auf die Frau und überschütten sie
mit Vorwürfen. Interessant, dass sie sich nicht an Jesus wenden und
ihn fragen: „Wie findest du das?“
Wie fand Jesus das?
-
Er bejahte das Handeln der
Frau, ließ es geschehen. Doch ihre unausgesprochene Erwartung – jetzt
kommt der Messias, der uns von den Römern befreien wird und uns wieder
stark werden lässt – korrigiert er. Er wird nicht ein neuer politisch
starker David werden, sondern ihre Salbung gilt schon seinem Tod. Erst
sein Tod wird das neue Reich heraufführen, wird die Menschen befreien
von ihrer Schuld und Selbstüberschätzung und ihnen den Zugang
zu Gottes Reich schenken. Sein Tod wird die Brücke über den tiefen
Graben sein, der die Menschen von Gott trennt. Gott selbst schenkt in Jesus
diesen neuen Zugang.
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Er ließ sich von der
Frau trösten und ermutigen. In den nächsten Tagen verließen
ihn: Judas, der ihn verriet, die Jünger, die in der Stunde der Festnahme
alle wegrannten, Petrus, der ihn verleugnete. Diese Frau zeigte ihm, dass
sie seine Liebe verstand. An ihr konnte Jesus erkennen, dass seine Zeit
auf Erden nicht umsonst war.
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Er setzte dieser Frau ein
Denkmal. Immer wird man an sie denken, solange von Jesus die Rede sein
wird. Das ist eine spannende Aussage, zumal wir noch nicht mal ihren Namen
kennen. Warum sollen wir an diese Frau denken? Sie ist Vorbild für
Hingabe, ohne zu fragen wofür.
Ich erinnere mich an ein Gespräch,
wo jemand von ihrem Einsatz für Flüchtlinge erzählte. Ihr
Engagement ging weit über das Notwendige hinaus. Sie half mit ihrem
Wissen, ihrer Zeit und ihrem Geld. Da kam schon die Frage auf, warum sie
das macht. Braucht sie das, weil sie einen Helferkomplex hat? Fühlt
sie sich besonders wichtig? Hat sie sonst nichts zu tun? Und was bringt
das überhaupt, am Ende gibt es doch immer wieder Enttäuschungen.
Ihre Antwort war ganz einfach. Ich tue es für Jesus. Ihn möchte
ich ehren mit meinem Verhalten. Er hat mir all das geschenkt, was ich nur
weitergebe. Da brauche ich nichts zurückzubekommen. Da frage ich nicht,
was es bringt. Jetzt ist das dran, jetzt wird sozusagen das Nardenöl
über Jesu Kopf gegossen.
Jesus weist darauf hin,
dass es im Leben um mehr geht, als immer nur das Notwendige zu tun. Wenn
wir immer nur das täten, was gerade notwendig wäre, würden
wir hauptsächlich Haferschleim essen, uns mit Kernseife waschen und
in unseren Wohnungen ein Bett, einen Stuhl und einen Tisch haben. Alles
andere ist ja eigentlich nicht notwendig. Mit Jesus zu leben bedeutet auch,
Duft ins Leben zu bringen, ein Überraschungsgeschenk dem Freund vor
die Haustür zu legen, den Bürgersteig vom Nachbarhaus mitzukehren,
das Buch zur 40-Tage-Aktion nicht im kalten Keller bei Neonlicht zu lesen,
sondern in gemütlicher, schöner Atmosphäre mit einer Tasse
Tee und einer Kerze zum Beispiel.
Jesus freut sich, wenn
wir unsere Liebe zu ihm vielfältig zum Ausdruck bringen. Um bei meinem
Anfangsbeispiel zu bleiben, natürlich ist es wichtig für eine
Gemeinde, die Weltmission zu unterstützen. Aber es ist genauso wichtig,
der Liebe zu Jesus vielfältig Ausdruck zu geben. Auch der Gottesdienstraum
soll davon Zeugnis geben, dass wir Jesus lieben. Auch unsere persönliche
Balance zwischen Arbeiten und Ruhen sollte Jesu Liebe zu uns widerspiegeln.
Auch unsere Kontakte sollten diese Liebe zum Ausdruck bringen, indem wir
füreinander Sorge tragen und miteinander unterwegs bleiben, auch wenn
das nicht immer einfach ist.
In Bethanien bekam Jesus
Kraft für seine letzten Stunden. Scheinbar scheiterte er mit seiner
Mission, die Menschen für Gott zu gewinnen. Doch diese Frau ist die
Hoffnungsträgerin der Karwoche. Sie antwortet auf Gottes Liebe und
gibt sich hin. Zu der Namenlosen können wir uns gesellen und unser
„Nardenöl“ Jesus schenken. Das kann unser Geld sein, unser Einsatz
und Herzblut, unsere Zeit oder was auch immer wir Jesus schenken können.
Dabei sind auch immer wir Beschenkte, riechen wir doch auch den kostbaren
Duft, den das Öl verströmt.
Cornelia
Trick
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